Konkurs Stiftung "Stichting Regio VVV Kop van Noord-Holland"

Blog

Lesen Sie hier die deutsche Version der Schlussfolgerungen

Einleitung

Der Konkurs der Stiftung “Stichting Regio VVV Kop van Noord-Holland” (nachstehend “VVV”), der am 12. März 2013 nach eigener Anmeldung verhängt wurde, hat viel Aufregung verursacht, vor allem bei den Betroffenen. So gibt es eine Menge Mieter, welche die Miete an den Vermieter im Voraus der VVV bezahlt hatten und deren Zahlung nun in den Konkurs aufgegangen ist. Auch gibt es eine Menge Vermieter, die keine Miete für die vermieteten Ferienwohnung erhalten haben und trotzdem den Mietern die Ferienwohnung zur Verfügung gestellt haben. Andere Betroffenen sind unter anderem Lieferanten, die Steuerbehörde und UWV. Die Frage, die sich diesen Betroffenen am meisten stellt, ist wie es so weit hat kommen können und inwiefern Parteien hierfür haftbar gemacht werden können.
Es wurden umfangreiche Ermittlungen bezüglich der Zeit unmittelbar vor dem Konkurs und nach der Buchhaltung und Verwaltung angestellt. Auch wurden mehrere Parteien vernommen, so der Verwalter beziehungsweise der ehemalige Verwalter und die Aufsichtsratsmitglieder. Es wurden Besprechungen mit dem Wirtschaftsprüfer und mit Vertretern der Betroffenen sowie mit Vorstandsmitgliedern des Verbands von Teilnehmern [Participantenvereniging] geführt.
eine Haftung eines Verwalters einer Rechtsperson oder individueller Mitglieder des Aufsichtsrates im Falle unordnungsgemäßer  Verwaltung liegt erst bei außergewöhnlichen Umständen vor. Angesichts der weitgehenden Konsequenzen, die ein Verfahren in diesem Zusammenhang für die individuell Betroffenen mit sich bringen kann, wird man zuvor sehr sorgfältig die Möglichkeiten im Lichte der bestehenden Jurisprudenz und Literatur abwägen müssen.

Die Fragen bezüglich einer eventuell unordnungsgemäßen Verwaltung, die sich den Betroffenen stellen, richten sich namentlich auf die nachstehenden Aspekte:
– hätte man früher einen Beschluss fassen müssen, um die Aktivitäten der VVV einzustellen, da das Unternehmen der VVV zum Untergang verurteilt war;
– wie ist die Benutzung der Gelder Dritter im Betrieb der VVV zu beurteilen;
– ist die Tatsache, dass ein vollständiger Aufsichtsrat fehlte, Grund zur Haftung.

Mit den obigen Aspekten werden wir uns nachstehender eingehender befassen.

Hätte die VVV ihre Aktivitäten früher einstellen sollen?

Es wurden Ermittlungen durchgeführt bezüglich der Frage, ob man den Konkurs bereits in einer früheren Phase hätte anmelden sollen, um den Schaden der Gläubiger einzuschränken. In dem Falle könnte der Vorstand (und/oder könnten die Mitglieder des Aufsichtsrates) haftbar sein. Haftung könnte beispielsweise möglich sein, wenn von einer “offensichtlich unordnungsgemäßen Verwaltung” die Rede ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Vorstand nicht so gehandelt hat, wie sich dies für einen ordnungsgemäßen Vorstand geziemt und wenn dem Vorstand diesbezüglich ein ernster Vorwurf zu machen ist. Der Tatsbestand der offensichtlich unordnungsgemäßen Verwaltung setzt zudem voraus, dass dieses Handeln des Vorstands eine wesentliche Konkursursache ist. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen kommt der Konkursverwalter zu dem Schluss, dass hier nicht von einer offensichtlich unordnungsgemäßen Verwaltung die Rede ist. Dies lässt sich wie folgt erläutern.

Die VVV erleidet schon seit vielen Jahren Verlust. Dieser Verlust hat die VVV immer mit vorhandenen liquiden Mitteln abhelfen können. Als dieses Eigenvermögen um 2011 herum verbraucht war, hat die VVV versucht, Maßnahmen zu ergreifen, um aus den roten Zahlen zu gelangen. Im dritten Vierteljahr 2012 wurde deutlich, dass die VVV erneut erheblichen Verlust machen würde.
Da die VVV nicht die liquiden Mittel hatte, dem abzuhelfen, hat sich der Vorstand bewusst darüber beraten, das Unternehmen einzustellen oder weiter zu machen. Man hat damals zum Weitermachen beschlossen. Die VVV erwartete, dass die Durchführung erheblicher Sparmaßnahmen wie eine Reorganisation im Personalbereich und die (vorübergehende) Schließung von Niederlassungen im Jahre 2013 zu einer Wende führen könnten. Aufgrund der schlechten Liquiditätsposition musste die VVV dafür sorgen, dass die Zeit bis die Sparmaßnahmen Effekt hatten, finanziell überbrückt wurde. Die VVV brauchte einen zusätzlichen Betrag von 120.000,– EUR, um ihre laufenden Verbindlichkeiten erfüllen zu können. Der Erwartung nach würde dieser Betrag unter anderem durch die vorzeitige Überweisung von Subventionen der Gemeinde und durch den Verkauf der Immobilie in Callantsoog erworben werden. Da die Erwartung, kurzfristig ausreichend Liquidität zu erwerben, reell schien, ist der Konkursverwalter der Meinung, dass der Vorstand im Herbst 2012 mit Fug und Recht beschließen konnte, zu dem Zeitpunkt die VVV fortzusetzen und dass somit von einer offensichtlich unordnungsgemäßen Verwaltung in diesem Zusammenhang nicht die Rede ist.

Im Februar 2013 wurde die VVV erneut mit Rückschlägen konfrontiert. So wurden am 19. Februar 2013 den durch Vermittlung eines Wirtschaftsprüfers eingereichten Anträgen auf Entlassungsbewilligungen vom UWV Werkbedrijf nicht stattgegeben. Dadurch konnte die gewünschte Reorganisation im Personalbereich nicht kurzfristig realisiert werden. Zudem zeigte sich, dass der Umsatz in den Geschäften und das Einkommen aus der Vermittlungstätigkeit weiter abnahmen. Laut des Verwalters der VVV war dies unvorhersehbar und wurde die Abnahme einerseits durch die Rezession und andererseits dadurch verursacht, dass immer weniger über die VVV gebucht wurde. Dadurch war deutlich, dass die beabsichtigten Maßnahmen nicht reichen würden, um kurzfristig ausreichend Liquidität zu erwerben und um dafür zu sorgen, dass die VVV langfristig keinen Verlust mehr erleiden würde. Die VVV hat deshalb am 27. Februar 2013 beschlossen, selbst den Konkurs anzumelden. Der Konkurs wurde am 12. März  2013 verhängt.

In der Zeit zwischen dem 27. Februar und dem 12. März 2013 sind bei der VVV noch Beträge im Zusammenhang mit Buchungen von Mietern von Ferienwohnungen eingegangen. Es ist vorstellbar, dass individuelle Mieter und Vermieter sich hier Fragen stellen. Dies entzieht sich jedoch dem Geltungsbereich des (niederländischen) Konkursgesetzes [Faillissementswet]  da der Konkursverwalter im Namen der gemeinsamen Gläubiger und nicht der individuellen Gläubiger auftritt. Der Konkursverwalter wird diesbezüglich denn auch keine juristischen Maßnahmen ergreifen. Es ist Aufgabe der individuellen Gläubiger, in dieser Sache selbst zu handeln.

Zusammenfassend gelangt der Konkursverwalter zum Schluss, dass jahrelang vom Eigenvermögen der VVV gezehrt wurde und dass man zu spät eingesehen hat, dass Maßnahmen zu ergreifen waren, da der Boden fast erreicht war. Während einer Sitzung des Vorstandes und des Aufsichtsrates im Herbst 2012 hat man einen  Beschluss darüber gefasst, ob die VVV ihre Aktivitäten einstellen oder fortsetzen sollte. Zu der Zeit waren die Aussichten auf Erwerb des erforderlichen Überbrückungskredits von 120.000,- EUR bis zum Zeitpunkt der Reorganisation noch als reell zu bezeichnen. Bei der Durchführung der beabsichtigten Sparmaßnahmen schien auf der Grundlage der zu dem Zeitpunkt vorliegenden Daten ein gesunder Betrieb reell. In der Zeit danach zeigte sich jedoch eine erhebliche Umsatzabnahme, die hauptsächlich durch die wirtschaftlichen und spezifischen Marktverhältnisse verursacht wurde. Zudem erwiesen sich die Sparmaßnahmen als unausführbar. Wichtig ist zudem, dass im Herbst 2012 der neue Geschäftsführer der VVV zu dem Zeitpunkt erst einige Monate in dieser Stellung tätig war. Nach Meinung des Konkursverwalters ist beim Beschluss, der in der Sitzung des Vorstandes und des Aufsichtsrates gefasst wurde und nach dem der Betrieb der VVV fortgesetzt werden sollte, von vernünftigem Handeln des Verwalters die Rede. Die Umstände nach diesem gefassten Beschluss, die zum Untergang der VVV geführt haben, sind hauptsächlich externer Art und konnten vom Vorstand nicht ausreichend vorhergesehen werden.
Auf der Grundlage der nunmehr vorhandenen Informationen erachtet der Konkursverwalter vorerst eine Inanspruchnahme des Verwalters und der Mitglieder des Aufsichtsrates aufgrund des Tatbestandes der unordnungsgemäßen Verwaltung nicht für juristisch durchführbar.

Die Benutzung von Drittgeldern im Betrieb der VVV

Der Konkursverwaltung hat Ermittlungen nach der Benutzung von Drittgeldern im Betrieb der VVV und nach dem Fehlen einer Stiftung Drittgelder durchgeführt. Bei der VVV sind Gelder Dritter auf ein Konto auf Namen der VVV im Zusammenhang mit der Vermittlung bei der Vermietung von Ferienwohnungen eingegangen. Der Konkursverwalter hat festgestellt, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, ein Drittkonto zu eröffnen. Eventuell hätte man dafür eine separate Stiftung gründen müssen. Die VVV hat seit 2001 keine separate Stiftung für Drittgelder. Die Tatsache, dass Gelder Dritter für Ausgaben der VVV verwendet wurden, wird vom (ehemaligen) Verwalter wie folgt erklärt. Die VVV konnte auf der Grundlage von Vereinbarungen mit den Vermietern Provision in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Miete beanspruchen. Diese wurde meist am Ende des Jahres mit den Vermietern verrechnet. Aufgrund der gemachten Erfahrungen wurden die von den Mietern bezahlten Beträge als Vorschuss auf die zu erwartende Provision benutzt, um die Kosten zu Beginn des Jahres damit zu begleichen. Dies geschah so seit vielen Jahren.
So lange wie die Erwartung reell war, dass die VVV fortbestehen würde, kann in diesem Zusammenhang nicht ohne Weiteres von unordnungsgemäßer Verwaltung die Rede sein. Sofern es sich um Miete handelt, die nach dem Beschluss der VVV vom 27. Februar 2013, selber die VVV zum Konkurs anzumelden, auf ein Bankkonto der VVV eingegangen ist, wird auf dasjenige verwiesen, was oben vorgebracht wurde. Es ist Aufgabe des individuellen Gläubigers, in dieser Sache selber vorzugehen. Die Benutzung von Drittgeldern für den Betrieb bildet nach Meinung des Konkursverwalters vorerst kein Grund für die Schlussfolgerung, dass von unordnungsgemäßer Verwaltung die Rede war. Sofern es sich um Gelder Dritter handelt, die nach dem Beschluss der VVV vom 27. Februar 2013 eingegangen sind, wäre eventuell ein Anspruch der individuellen Betroffenen möglich.

Aufsichtsrat

Bei der Konkursverhängung waren zwei Mitglieder des Aufsichtsrat als solche im Handelsregister der Industrie- und Handelskammer eingetragen. Kraft Satzung muss der Aufsichtsrat mindestens fünf Mitglieder haben. Der Konkursverwalter hat untersucht, inwiefern dem Aufsichtsrat in diesem Punkt in irgendeiner Weise Vorwürfe gemacht werden können. Nach Meinung des Konkursverwalters ist dies nicht der Fall. Die Aufsichtsrat hat versucht, die offenen Stellen von neuem zu besetzen. Es erwies sich als besonders schwierig, geeignete Freiwillige zu bekommen, die bereit waren, Mitglied des Aufsichtsrates der VVV zu werden, Mitte 2012 haben zwei neue Mitglieder des Aufsichtsrates dieses Amt angetreten. Diese Mitglieder waren zum Zeitpunkt der Konkursverhängung noch nicht im Handelsregister eingetragen, waren aber wohl bereits aktiv Mitglied des Aufsichtsrates. Somit bestand der Aufsichtsrat aus vier Mitgliedern und gab es noch eine offene Stelle für ein weiteres Mitglied. Der Konkursverwaltung ist der Meinung, dass der Aufsichtsrat das gemacht hat, was von ihm erwartet werden konnte, um die vorgeschriebene Mitgliedszahl zu bekommen.

Zum Schluss

Der Konkursverwalter ist sich der Tatsache bewusst, dass das empfundene Gefühl der Ungerechtigkeit mit dem Standpunkt des Konkursverwalters im Widerspruch scheint. Es ist jedoch auch die Aufgabe des Konkursverwalter, die juristische Durchführbarkeit eventueller Forderungen zu überprüfen und zu vermeiden, dass unnötige riskante Verfahren zulasten der Konkursmasse eingeleitet werden.